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Channel: Emilio's Blog: Living with historical recordings (mainly Opera and classical)
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The as-project (2): Frida Leider's as-recordings

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Frida Leider hat Aufnahmen in der as-Serie gemacht, als sie auf der Schwelle zu ihrem großen internationalen Durchbruch stand. 1888 geboren, war sie nach ein paar Jahren in der Provinz 1919 in Hamburg, einem großen und renommierten Opernhaus, angelangt und war Ende 1921, als die ersten Aufnahmen entstanden, bereits für die Berliner Staatsoper "vorgebucht", musste aber noch bis 1923 ihren Vertrag in Hamburg erfüllen, weil sie dort als einzige (gute) hochdramatische Sängerin unentbehrlich war und man sie nicht gerne ziehen lassen wollte. Sie nutzte diese Zeit, um ihren Stil zu vervollkommnen. Die Aufnahmen zeigen sie bei voller Frische der Stimme und einem Erkunden ihres ganz eigenen Stils.



Dieses Bild ist ein bisschen zu glamourös und gleichzeitig zu sauertöpfisch,
um dem "geraden" Charakter Frida Leiders gerecht zu werden... 


Ich finde es immer anregend, in Sängerbiographien zu lesen und möchte hier ein paar Erzählungen von Frida Leider aus ihrer Hamburger Zeit abdrucken. Auch formuliert sie dort ihr Credo, dass es ihr Ziel sei, die Wagner'sche Gesangslinie aus dem Geist des italienischen Belcanto heraus zu formen. Dieses Ansinnen lässt sich gut aus den Aufnahmen unten nachvollziehen. Doch zuerst ein paar Absätze aus Frida Leiders Feder. Sie stehen in ihrem Buch "Das war mein Teil"und handeln in der Zeit, in der die Aufnahmen unten entstanden:

Eines Abends war FIDELIO angesetzt, das Theater war schwach besucht, es sang die Gattin des ersten Kapellmeisters. Bis auf die Arie »Abscheulicher, wo eilst du hin« war es eine gute Leistung der Sängerin, jedoch war ihre Stimme zu lyrisch für diese Partie. Frau L. sang den Schluß der großen Arie in einer vereinfachten Version, indem sie die Fermate statt auf h auf a sang, was selbst an einem Provinztheater verpönt ist und einer Sängerin immer als Schwäche ausgelegt wird. Nach dem ersten Akt ließ mich der Generalmusikdirektor rufen. Er war äußerst erregt und konnte sich über den Vorfall nicht beruhigen. Zum Schluß erklärte er mir, daß ich in der nächsten FIDELIO-Vorstellung singen müsse. So sehr ich mich darauf freute — denn der Fidelio gehört zu meinen Lieblingspartien —, so spürte ich doch, daß an diesem Theater ein anderer Wind wehte und meine schöne, harmonische Provinzzeit ein für alle­mal zu Ende war. Ich mußte jetzt lernen, nicht nur meine künst­lerischen Aufgaben zu erfüllen, sondern daneben auch noch mit Theaterintrigen fertig zu werden.

Ich sang die nächste Fidelio-Vorstellung, und diesmal drückte mir der Generalmusikdirektor seine Zufriedenheit aus. Die einzige Schwierigkeit bereitete mir das Szenarium, da für eine Bühnenprobe keine Zeit zur Verfügung stand. Die Löwenfeldschen Inszenierungen bedeuteten zur damaligen Zeit eine revolutionäre Umwälzung an der Opernbühne. Phantasie­voll, kühn und modern waren seine Bühnenbilder und die Kostüme. Seine Fidelio-Inszenierung war vom Kubismus beeinflußt. Der ganze Bühnenboden war in verschieden hohe schräge Flächen aufgeteilt. Ich war dadurch gezwungen, meine Körperstellungen beim Singen ständig zu verändern, was mir anfangs recht schwerfiel. Die Regie verlangte ferner, daß die große Fidelio-Arie vor einem Zwischenvorhang konzertant gesungen werden sollte. Ich stand also fast an der Rampe, während sich der Vorhang geräuschvoll hinter mir schloß. Ich wurde dadurch etwas irritiert, gewann jedoch meine Fassung schnell wieder, und als mich nach der Arie brausender Beifall belohnte, durchströmte mich ein ungeheures Glücksgefühl. Der Abend schloß mit einem schönen Erfolg für mich, und bei einer Wiederholung bestätigte die Presse, daß ich ein großer Gewinn für Hamburg sei und man gespannt meinen Wagner-Partien entgegensähe.

Schon als nächste Rolle wurde mir die Isolde übertragen, und damit ging mein langgehegter Wunsch in Er­füllung. Es wurde ausreichend geprobt, da es die erste Wagner-Vorstellung in dieser Spielzeit war. Den Tristan sang Richard Schubert, ein hervorragender Wagnersänger, die Brangäne Maria Olczewska, eine junge Altistin, die der Generalmusik­direktor in Krefeld entdeckt und gerade erst nach Hamburg verpflichtet hatte. Es wurden Kostüme angefertigt, deren Stil von der Tradition wesentlich abwich, zumal sie sämtlich ohne Mantel getragen wurden, woran ich mich erst gewöhnen mußte.

Es kam der Abend der für mich so denkwürdigen Vorstellung. Ich war glänzend disponiert, der Strom meiner Stimme füllte mühelos das Theater, und vom Dirigentenpult kam eine Welle der Sympathie zu mir herauf. Soweit mir die Aufregung und die ungeheure Konzentration, die ich brauchte, Zeit ließen, meine Darstellung unter Kontrolle zu halten, schwankte ich an diesem Abend zwischen der Sehnsucht nach dem gewohnten Mantel und einem neuen, freien Gefühl, das meine Glieder unwill­kürlich lockerte und mich zu neuen Ausdrucksmöglichkeiten inspirierte. Als ich nach dem ersten Akt auf dem Weg zu meiner Garderobe war, erblickte ich plötzlich Direktor Löwenfeld, der mir atemlos zurief: »Leider, Sie waren sieghaft! Aus Ihnen mache ich die größte Isolde unserer Zeit!« Das Hamburger Publikum, bekannt durch Zurückhaltung, dankte mir am Schluß der Vorstellung mit langanhaltenden Ovationen. Ich hatte meinen ersten Sieg als Wagnersängerin errungen. Gekrönt wurde dieser erfolgreiche Abend durch den un­erwarteten Besuch meiner Mutter, die ohne mein Wissen aus Berlin gekommen war, um mich als Isolde zu hören.

Aber schon am nächsten Morgen sollte ein Wermutstropfen in den Freudenbecher fallen, als ich die Kritiken las. Zunächst wurden mir die letzten berühmten Hochdramatischen der Hamburger Oper als Vorbilder empfohlen. Die Qualität meiner Stimme wurde zwar anerkannt, aber mein Gesangsstil und die Darstellung wurden als zu oratorienhaft abgelehnt. Trotz meiner Enttäuschung versuchte ich, den sachlichen Einwänden auf den Grund zu gehen. Meine Vorgängerin, Frau Drill-Orridge, war die letzte Vertreterin der Wagner-Tradition in Ham­burg, und ich hatte sie anläßlich meines Gastspiels noch auf der Bühne gehört. Sie war eine hünenhafte Erscheinung, und ihre weit ausholenden theatralischen Gesten entsprachen durchaus dem damaligen Zeitgeschmack. Im Einklang damit stand ihr Gesangsstil, der eine stark übertriebene Aussprache und eine wenig differenzierte Dynamik aufwies. Alles war unbedingt sehr wirkungsvoll, aber mich überzeugte es nicht. Ich bemühte mich immer, ein italienisches Belcanto zu singen, und es war mein höchstes Streben, diesen Gesangsstil auf die Interpretation meiner Wagner-Partien zu übertragen, ein Ziel, das mich nach Jahren härtester Arbeit zum Welterfolg führen sollte. Ich stu­dierte in der nächsten Zeit Wagner sehr genau auf seine dyna­mischen Vorschriften und kam allmählich zu der Erkenntnis, daß meine Gesangstechnik und Richard Wagners Anforderun­gen bestimmt zu einem künstlerischen Resultat führen müßten. Ich nahm zunächst meine Aussprache unter die Lupe, ak­zentuierte sehr scharf, um dann alles in die Gesangslinie ein­zuschließen. Große Gesangsbögen fielen mir sowieso nicht schwer. Ich benutzte nun jede Tristan-Wiederholung, um diese Vorarbeit am Abend in die Tat umzusetzen. Ich war völlig taub gegen jedes Lob von Kollegen und blieb mir immer bewußt, daß noch vieles zu verbessern sei. Wichtig für mich waren vor allem solche Vorstellungen, in denen keine Presse anwesend war und wo ich ohne Aufregung auch gesangstechnisch vieles anwenden konnte. Langsam lebte ich mich an der Hamburger Oper ein, immer wieder angespornt von Löwenfeld, der jetzt mit mir — wie versprochen — darstellerisch arbeitete und mich lehrte, die Bewegungen aus dem Geiste der Musik zu formen. Unendlich wertvoll waren seine Hinweise und Ratschläge, die er mir aus der Fülle seiner Erfahrungen gab und die mir neue Perspektiven für meinen künstlerischen Weg eröffneten.

Direktor Löwenfeld war an und für sich kein großer Wagnerianer; sein Herz hing vor allem an Mozart, und ich erinnere mich noch genau, wie er unerwartet auf eine FIGARO-Probe kam. Ich sang gerade die zweite Arie der Gräfin, als ich plötzlich eine Stimme aus dem Parkett hörte: »Sagen Sie, Leider, ist jemand gestorben?« Ich war furchtbar erschrocken, aber schon kam er nach vorn und rief mir zu: »Ja, so lächeln Sie doch, es ist doch ein Lustspiel!« Ich entgegnete ihm, daß doch die zweite Arie der Gräfin eine Reminiszenz an ihre verlorene Liebe sei. Das ließ er aber nicht gelten und sagte: »Vergessen Sie nicht, daß Sie die Rosine aus dem barbier von sevilla sind, die inzwischen den Grafen geheiratet hat. Machen Sie kein Drama aus der Gräfin.« Ein andermal bei einer AIDA-Probe, Maria Olczewska als Amneris sang gerade ihre große Kerkerszene, hörte ich seine erregte Stimme aus dem Parkett rufen: »Der Geliebte kommt! Fühlen Sie denn das nicht?«

Mein Repertoire reichte inzwischen von Wagner über Mozart bis zu Verdi. Sehr gern sang ich die TROUBADOUR-Leonore; sie war immer eine Erholung für meine Stimme. Eines Tages fragte mich Löwenfeld, ob ich nicht Lust hätte, die Norma zu singen. Ich kannte wohl einige Bruchstücke aus dieser Oper, aber als ich die ganze Partie überblickte, merkte ich doch, welche großen Schwierigkeiten sie barg. Trotzdem stürzte ich mich mit Feuereifer in das Studium der Rolle. Aber ein Schatten sollte über dieser Oper ruhen. Der Dirigent, Generalmusikdirektor Pollak, der sonst so große Musiker, stand dieser Oper völlig fremd gegenüber. Löwenfeld mußte kurz vor der Premiere in ein Sanatorium. Ich selber hatte stark unter dem feuchten Ham­burger Klima zu leiden, und meine Disposition war für diese anspruchsvolle Partie nicht immer einwandfrei. Wer das Werk genau kennt, wird ermessen können, welch große Leistung die Rolle der Norma für eine junge Sängerin bedeutet. Bei einer der Wiederholungen der Oper hatte ich noch ganz besonderes Pech. Das Lager der Norma war mit Ziegenfellen bedeckt, die frisch eingemottet worden waren. Ich achtete nicht weiter darauf, und als ich »aus Schmerz um meine beiden Kinder« im zweiten Akt laut Regieanweisung mein Haupt in den Fellen verbarg, war es bereits zu spät. Der Naphthalingeruch hatte meine Schleimhäute so stark gereizt, daß ich die Partie nur noch mit größter An­strengung zu Ende singen konnte. Trotz alledem bedauerte ich es sehr, daß die norma, die immer ein großer Publikumserfolg war, bald darauf vom Spielplan verschwand. Als uns nach der letzten Vorstellung der plötzliche Tod Löwenfelds mitgeteilt wurde, waren wir alle tief erschüttert.

(Frida Leider, Das war mein Teil, Berlin 1981, S. 63-65)



Frida Leider as-recordings - Playlist



598 as- Tannhäuser: Dich, teure Halle, grüss' ich wieder (Wagner, 65627)

599 as - 600 as - Fidelio: Abscheulicher, wo eilst Du hin?  (65743)

601 as - Tristan und Isolde: Mild und leise (Wagner, 65627)

602 as - Aida: O Vaterland, ich seh' Dich nimmermehr (Verdi, 65641)

603 as - Figaros Hochzeit: Heil'ge Quelle (65744)

604 as - Figaros Hochzeit: Nur zu flüchtig (65744)

605 as - 606 as - Oberon: Ozean, Du Ungeheuer! (Weber, 65625)

607 as - Tosca: Nur der Schönheit (Puccini, 72835)

678 as - Aida: Als Sieger kehre heim (Verdi, 65641)

679 as - Rienzi: Gerechter Gott, so ist's entschieden (Wagner, 65704)

680 as - Schmerzen - Wesendonck-Lieder (Wagner, 65746)

681 as - Träume - Wesendonck-Lieder (Wagner, 65746)

682 as - 683 as - Ah Perfido, Konzertarie op. 65 (Beethoven, 65745)

946 as - Tosca: Nur deinetwegen wollt ich noch nicht sterben + Carl GÜNTHER (Puccini, 65687)

947 as - Tosca: Ach, die Augen + Carl GÜNTHER (Puccini, 65687)

948 as - Fliegender Holländer - Fühlst Du den Schmerz + Carl GÜNTHER (Wagner, 65704)

949 as - 950 as - Aida: Ich seh Dich wieder, meine Aida + Carl GÜNTHER (Verdi, 65691)

1485 as - Walküre: Du bist der Lenz + Lauritz MELCHIOR (76565)

1486 as - Walküre:  Wie dir die Stirn so offen steht + Lauritz MELCHIOR (76566)


DOWNLOAD MP3


605 as - 607 as rec. ca. Nov./Dez. 1921
678 as - 683 as rec. ca. Dez. 1921 / Jan. 1922
946 as - 950 as rec. ca. Oct. 1922
1485 as - 1486 as rec. ca. Nov. 1923






Above you find the acoustic recordings of Frida Leider in the as matrix series. They were made in the time of  Frida Leider' time in Hamburg, where she sang from 1919 to 1923, just before she made her debut in Berlin and had her first appearance in Covent Garden 1924, which was the basis for her international career. You hear a fresh, strong and well focused dramatic voice also with many abilities for the Italian repertoire. A few years after these recordings Frida Leider had become THE Isolde and Brünnhilde in Europe and did not get the chance to sing Italian opera anymore.

The other acoustic recordings of Frida Leider were in the az-series and in the be- or bo-series of the Deutsche Grammophon, the latter a short lived acoustical or "semi-electrical" series with only a few numbers published (in 1926 there was still a lot of research to do to make the electrical recording method work as it should). They all were published on a 3 CD set by Preiser. Maybe later I will present the remaining recordings here, but right now I am focused on as-recordings.

PS. The late Lied recordings of Frida Leider you find    here in my blog.

PPS. More interesting infos on the biography and CD-Editions, also with other interesting singers, you find at: The Frida-Leider-Gesellschaft.



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