Robert Burg als Escamillo in Carmen |
Bei meiner Beschäftigung mit der Dresdener Oper habe ich mir eine Preiser-LP überspielt, die dem Sänger Robert Burg gewidmet ist. Diese möchte ich hier teilen. Robert Burg war im wesentlichen der Oper von Dresden treu, die in den 20er und frühen 30er Jahren wohl trotz der Berliner Opernhäuser das beste und ambitionierteste Opernhaus in Deutschland war. Dies wurde von den aufkommenden nationalsozialistischen Herrschern unterbrochen, die Dirigenten wie Fritz Busch vertrieben und die Berliner Staatsoper als repräsentative Oper des Nazi-Staates aufbauten. Robert Burg sang in den 20er Jahren einige Uraufführungen von heute weniger bekannten Opern (immerhin 1925 Hindemiths Cardillac), aber vor allem half er Opern wie Boris Godunoff von Mussorgsky und die damals in Deutschland seltener bis gar nicht gespielten Verdi-Opern wie Maskenball und Macht des Schicksals populär zu machen. Auch in Bayreuth sang er einige wichtige Rollen. Gemessen an seiner Bedeutung für die Opernbühne ist er auf Schallplatten unterrepräsentiert.
Auf der Rückseite der Preiser-LP schreibt Einhard Luther, dessen Artikel und Bücher ich immer wieder gerne lese, einen Artikel, der den Sänger würdigt. Seine etwas rauhe, kräftig-heldische Baritonstimme ist nicht jedermanns Geschmack, aber die Aufnahmen sind hörenswert. Zunächst noch der Artikel von Einhard Luther, dann die Tracklist von der Preiser-LP:
Die außerordentlich große Zahl stimmgewaltiger, interessanter und ausdrucksstarker Baritonsänger in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen hat dazu geführt, daß manche dieser Künstler heute kaum mehr dem Namen nach bekannt sind; einige sind durch Mitwirkungen bei Festspielen in Bayreuth und Salzburg in Partien berühmt geworden, die sie fast nebenbei nur als einen kleinen Teil ihres Repertoires betrachtet haben. Viele sind kaum auf Schallplatten erhalten. Wer entsinnt sich heute noch an den Heldenbariton Max Roth, an den um 1930 gefeierten Walter Großmann oder an Wilhelm Faßbinder, den langjährigen Wotan und Hans Sachs der Stuttgarter Oper? An der Dresdener Staatsoper war von 1916 bis 1945 Robert Burg der erste Heldenbariton. Mit Friedrich Plaschke und später mit Josef Herrmann vertrat er das Repertoire des deutschen dramatischen Baritonfaches, war außerdem als italienischer Charakterbariton überaus populär und wirkte an vielen Ur- und Erstaufführungen mit. Die von ihm erhaltenen Schallplatten geben die Vielseitigkeit und Ausdruckskraft dieses Sängers nur zu einem verschwindend geringen Teil wieder. Sein eigentlicher Name war Robert Bartl. Am 29. März 1890 wurde er in Prag geboren. Zunächst studierte er Mathematik und nahm bei Hans Pokorny nur nebenbei Gesangunterricht. Seine Ausbildung an der Technischen Hochschule von Prag schloß er mit dem Staatsexamen ab, debütierte aber schon mit 24 Jahren am Stadttheater von Aussig als Valentin in Gounods „Margarethe". Kurze Zeit war er als Anfänger am Deutschen Theater von Prag und am Stadttheater von Augsburg engagiert, ehe er 1916 an die Dresdener Hofoper verpflichtet wurde. Seine Fachbezeichnung im Dresdener Ensemble lautete zunächst „Lyrischer Bariton", obwohl sein Repertoire im Künstleralmanach 1920 folgende Partien nennt: Luna, Rene, Germont, Amonasro, Rigoletto.Nelusco, Escamillo, Mirakel, Sebastiane, Jochanaan,Scarpia, Wolfram, Amfortas, Günther, Wanderer etc. Berlin, München, Budapest, Düsseldorf und Prag waren die ersten Stationen seiner Gastspielverpflichtungen. Berühmt würde Robert Burg zu Beginn der zwanziger Jahre durch die von Dresden ausgehende Verdi-Renaissance. Mit Meta Seinemeyer und Tino Pattiera bildete er das klassische Sopran-Tenor-Bariton-Team derberühmten Musteraufführungen, mit denen Fritz Busch das Schaffen Giuseppe Verdis für Deutschland neu entdeckte. Burg war der erste Cardillac in der Uraufführung des Werkes 1926. In dieser Zeit war er schon in das Fach des Heldenbariton hineingewachsen; als Wotan und Hans Sachs hatte er erfolgreiche Gastspiele auch im Ausland zu verzeichnen.1933 wurde er zum ersten Mal nach Bayreuth berufen. In den folgenden zehn Jahren stellte er dort das Charakterfach dar; Kothner und Klingsor, vor allem aber Alberich machten ihn berühmt. So bedeutungsvoll diese Verpflichtung auch war, sie wirkte sich für Robert Burg doch in gewisser Weise negativ aus: In dieser Zeit traten seine Erfolgspartien des Heldenfaches international in den Hintergrund, weil man den dämonischen Alberich der Bayreuther Festspiele dem Dresdener Hans Sachs und Wotan vorzog. Der große Dirigent Karl Elmendorff sagte 1938 vor dem „Rheingold": „Es ist eigentlich schade, jetzt höre ich fünf der besten Wotandarsteller meiner ganzen Dirigententätigkeit in einer Vorstellung; aber einer kann natürlich nur den Wotan singen: Rudolf Bockelmann, Jaro Prohaska, Ludwig Hofmann, Josef von Manowarda und Robert Burg!" Mitte der dreißiger Jahre verlegte sich Burg dann mehr und mehr auf das Charakterfach. Seine letzten Gastspiele als Hans Sachs und Colonna in „Rienzi" erlebte 1935 die Zoppoter Waldoper. Der Dresdener Staatsoper blieb Burg buchstäblich bis zu seinem Tode treu: Während eines Konzertes erlitt er am 9. Februar 1946 in Dresden einen Herzschlag; er war 56 Jahre alt.Eine Reihe interessanter Schallplatten haben seine Stimme erhalten. Sein vielseitiges Repertoire ist darauf nur zu einem geringen Teil erfasst; sein berühmter Hans Sachs, sein legendärer Alberich sind akustisch nicht festgehalten worden. Die intensive Ausstrahlung seiner dramatischen Begabung, die Ausdruckskraft seines dunkel-timbrierten, umfangreichen und durchschlagskräftigen Baritons sind von zwingender Überzeugungsgewalt auch in der begrenzten Form der akustischen Aufnahme.
Einhard Luther
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Robert Burg at Bayreuth 1941 |
Burg, Robert, Bariton, * 29.3.1890 Prag, † 9.2.1946 Radebeul bei Dresden; eigentlich Robert Bartl. Nach anfänglichem Mathematikstudium Ausbildung durch Hans Pokorny in Prag. Debüt 1914 am Theater von Aussig (Ustí nad Labem) als Valentin im »Faust« von Gounod. 1915-16 sang er am Deutschen Theater in Prag und gastierte am Stadttheater Augsburg. Seit 1916 Mitglied der Hofoper (seit 1918 Staatsoper) von Dresden, der er bis 1944 angehörte. Als Antrittsrolle sang er an diesem Haus den Kothner in den »Meistersingern«. Zusammen mit Künstlern wie Tino Pattiera und Meta Seinemeyer war er wesentlich an der Verdi- Renaissance der zwanziger Jahre in Deutschland beteiligt. Sein Auftreten als Boris Godunow von Mussorgsky 1923 an der Dresdner Oper bedeutete für dieses Werk in Deutschland den endgültigen Durchbruch zum Erfolg. Am 14.1.1918 sang er in Dresden in der Uraufführung der Oper »Der Eroberer« von Jan Brandts-Buys, am 9.9.1926 in der von Hindemiths »Cardillac« die Titelrolle, am 21.5.1925 die Titelpartie in der Uraufführung von Ferruccio Busonis »Doktor Faust« 1930 wirkte er in Dresden in der Uraufführung von Mark Lothars Oper »Lord Spleen« mit. 1933-42 sang er bei den Festspielen von Bayreuth den Alberich im Ring-Zyklus, auch 1934-39 den Klingsor im »Parsifal« und 1933 den Kothner in den »Meistersingern«. 1935 erschien er bei den Festspielen von Zoppot als Hans Sachs in den »Meistersingern« und als Colonna in Wagners »Rienzi«, 1924 und 1928 war er an der Staatsoper von Wien, 1924 und 1931 an der Städtischen Oper Berlin zu Gast. Er gastierte auch in Zürich, München, Amsterdam und Budapest. Seine großen Bühnenpartien waren der Thoas in »Iphigenie auf Tauris« von Gluck, der Fliegende Holländer, der Francesco in »Mona Lisa« von M. von Schillings, der Marc Arron in E. d'Alberts »Revolutionshochzeit«, der Titelheld in »Don Juans letztes Abenteuer« von P. Graener, der Geisterbote in der »Frau ohne Schatten« von R. Strauss, die Titelrolle in »Maschinist Hopkins« von M. Brand, der Alexios in »Sonneflammen« von Siegfried Wagner, der Posa in Verdis »Don Carlos«, der Graf Luna im »Troubadour«, der Lescaut in »Manon« von Massenet, der Gremin im »Eugen Onegin«, an erster Stelle aber sein Boris Godunow. Robert Burg erlitt in Dresden während eines Konzerts einen Herzschlag.
Aufnahmen auf Parlophon, Odeon, Polyphon und Homochord.
[Lexikon: Burg, Robert. Kutsch/Riemens: Sängerlexikon, S. 3362 (vgl. Sängerlex. Bd. 1, S. 502 ff.) (c) Verlag K.G. Saur]
Robert Burg as Kothner, Bayreuth 1933 |
Above you find the transfer of a Preiser Lebendige Vergangenheit-LP of the Bariton Robert Burg. He was mainly Dresden based and was member of the Dresden Opera House from 1916 to 1944. Burg is mainly known today for his part in the Verdi renaissance in the late 20s and early 30s. He also sang at Bayreuth from 1933-1942 (Alberich, Klingsor and Kothner). His Heldenbariton has a coarse, not very attraktive timbre and (in the earlier recordigs) no fine piano quality, but his recordings are remarkable for his seriousness and sincerity and dramatical expressive power. He also suceeded at the Charakterfach. His recorded legacy is rather small for his importance for the Dresden Opera. His Lied recordings remind me because of the timbre and vocal style to Hans Duhan's recordings. In the Preiser recital the best sides are the Boris Godunoff recordings, Wotan's Abschied and even the played to death Torerolied. His Wolfram seems weak to me, but one must remember, that he was just 30 years when he recorded these sides.
Robert Burg died at the age of 56 during a concert on the stage 70 years ago in February 1946.